Jahresrückblick 2022 – Teil 3: Die Einbürgerung

Jahresrückblick 2022 – Teil 3: Die Einbürgerung

Zwischenzeitlich hatten wir noch eine weiteres Projekt am Laufen – meine Einbürgerung in das gelobte Land, die Bundesrepublik Deutschland. Als Weltenbummler war uns klar, dass wir immer wieder mit Visaregularien zu kämpfen haben würden und somit dieselbe Staatsbürgerschaft für uns beide das Reisen enorm erleichtern würde. Wann immer Alexandra die Visaregularien für irgendein Land checkte, war klar, was für deutsche Staatsbürger galt. Was jedoch für Österreicher galt wurde aufgrund der Bedeutungslosigkeit der kleinen Anzahl von Alpenrepublikanern nicht einmal erwähnt. Es hieß immer nur: Andere Regeln. Aber welche?

Neben diesem rein praktischen Aspekt spielt auch ein sehr emotionaler Punkt eine große Rolle. Ben hat sich mit seiner Berufswahl entschieden, auch in diesen sehr gefährlichen Zeiten einer konkreten kriegerischen Bedrohung diesem Land und den dort lebenden Menschen zu dienen. Er ist zutiefst davon überzeugt, dass unser Land und unsere Gesellschaft es verdient haben, gegebenenfalls verteidigt zu werden. Auch unter Einsatz seiner Gesundheit und im Zweifel sogar seines Lebens. Bens Entscheidung hat uns aus Sorge um seine physische und psychische Gesundheit viel Schlaf gekostet. Gleichwohl sind wir sehr froh zu wissen, dass die Sicherheit Deutschlands im Fall der Fälle auch in den Händen intelligenter und unaufgeregt in sich ruhender Menschen wie Ben liegt. Wir finden das sehr beruhigend.

Irgendwann wurde mir bewusst, dass ich trotz jahrzehntelanger und höchst nennenswerter Steuerzahlungen in Deutschland wegen meiner österreichischen Staatsbürgerschaft nie wirklich Teil dessen sein würde, wofür mein Sohn zu kämpfen bereit ist. Ich musste das ändern und hatte begonnen, mich mit diesem für mich sehr bedeutungsvollen Thema auseinander zu setzen. Ich war immer sehr gerne Österreicher, der Sohn eines Wieners, ohne Verpflichtung zum Wehrdienst und mit Zugriff auf alle Studienfächer mit Numerus Clausus. (Nicht, dass mir das etwas genützt hätte.) Ich bereiste die Welt als Österreicher und fühlte mich wohl damit.

Gerne hätte ich die österreichische Staatsbürgerschaft behalten, aber Österreich hat meinen Antrag auf doppelte Staatsbürgerschaft trocken abgelehnt und mich für mein Ansinnen mit einer Verwaltungsgebühr in Höhe von knapp 200 Euro bestraft. Dann war ich damit auch durch und wandte mich frohen Mutes an die Einbürgerungsstelle der Stadt Erlangen. Das wurde zu einer lustigen Erfahrung. Ich erwartete große Begeisterung und umgehende Ausstellung eines deutschen Reisepasses. Doch weitgefehlt.

Zunächst wurde ich aufgefordert, unzählige Formulare auszufüllen und meine Vermögensverhältnisse umfassend offenzulegen. Auf einen Sprach- und Einbürgerungstest würde man aufgrund meines bayrischen Abiturs und meines jahrzehntelangen durchgängigen Aufenthaltes in Deutschland verzichten. Na prima. Was haben meine Vermögensverhältnisse damit zu tun? Nun, es bestünde ja die Möglichkeit, dass ich zum Sozialfall werden könnte. Selbst wenn, entgegnete ich, wäre das bei den von mir in den zurückliegenden Jahrzehnten geleisteten Steuerzahlungen ja mehr als gerecht. Das sahen die Mitarbeiter dort ganz anders.

Am Ende machte ich mich zwangsläufig zumindest halbnackig um dann zu erfahren, dass der Vorgang nun neun Monate in Anspruch nehmen würde. Für meine Frage nach Expressservice und ein bisschen Sonderbehandlung – gerne auch gegen Aufpreis – erntete ich ein verkniffenes müdes Fastlächeln. Nichts zu machen. Im Mai 2022 war es dann soweit. Ich wurde zur Abholung meiner neuen Staatsbürgerschaftsurkunde einbestellt. In freudiger Erwartung und ausgerüstet mit Deutschland-Gesichtsmaske machte ich mich auf, um unter Posaunenklängen den roten Teppich entlangzuschreiten und am Ende mit einem Grußwort des Bundespräsidenten meine Staatsbürgerschaftsurkunde nebst Reisepass und Personalausweise würdevoll in Empfang zu nehmen. In my dreams…

Es ging wesentlich weniger würdevoll und staatstragend zu. Ich saß auf dem Besucherstuhl in einem kleinen Büro hinter Plexiglas und erhielt durch den kleinen Schlitz die Urkunde nebst Grußwort irgendeines Vertreters des Freistaats Bayern. Nicht einmal Markus Söder selbst hatte unterschrieben. Naja, wer bin ich schon? Auf meine Frage nach Pass und Personalausweis wurde ich an das Bürgeramt im Erdgeschoss verwiesen, wo ich mich nun nach Ziehen einer Nummer zur Beantragung derselben in die Schlange einreihen müsste. Ganz toll. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Doch wenige Tage später hielt ich endlich beide Dokumente in meinen Händen. Seitdem reise ich tatsächlich entspannter zusammen mit meiner Frau und derselben Staatsangehörigkeit durch die Welt. Und ich fühle mich gut dabei, nun auch höchst offiziell Teil dessen zu sein, dem unser Sohn Ben sich verpflichtet hat.

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